Was ist das Hinweisgeberschutzgesetz?

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) ist eine rechtliche Regelung, die den Schutz von Hinweisgebern, auch Whistleblower genannt, in Unternehmen und Organisationen regelt. Es soll sicherstellen, dass Personen, die Missstände, Verstöße oder illegales Verhalten in ihren Organisationen melden, vor möglichen Repressalien geschützt sind.

Informationen zum zeitlicher Rahmen

Das Hinweisgeberschutzgesetz wurde Mitte Mai 2023 vom Bundesrat und Bundestag angenommen. Daraufhin wurde es am 02. Juni 2023 vom Bundespräsidenten unterschrieben und trat am 02. Juli 2023 in Kraft. Bis zum 17.12.2023 ist die rechtskonforme Umsetzung des Gesetzes gefordert!

Welche Verstöße fallen unter das Hinweisgeberschutzgesetz?

Nach den Bestimmungen der EU-Richtlinie muss Deutschland das nationale Schutzgesetz umsetzen, das den Rechtsschutz für Personen gewährleistet, die Verstöße in den folgenden Bereichen melden:

  • Öffentliches Auftragswesen;
  • Finanzdienstleistungen, Produkte, Märkte, Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung;
  • Produktsicherheit und Konformität;
  • Sicherheit im Verkehr;
  • Schutz der Umwelt;
  • Strahlenschutz und nukleare Sicherheit;
  • Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz;
  • Öffentliche Gesundheit;
  • Verbraucherschutz;
  • Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten, Sicherheit von Netzen und Informationssystemen.

Neben den in der Whistleblowing-Richtlinie empfohlenen Mindestbereichen geht das deutsche Whistleblower-Gesetz noch weiter und umfasst auch andere Bereiche:

  • Jede strafrechtliche Bestimmung nach deutschem Recht;
  • Verstöße gegen Vorschriften zum Schutz von Leben, Gesundheit und Rechten der Arbeitnehmer oder ihrer Vertretungsorgane. Die häufigsten Fälle hierfür sind Vorschriften im Bereich des Arbeitsschutzes, Verstöße gegen das Mindestlohngesetz usw.;
  • Äußerungen von Beamten, die einen Verstoß gegen ihre verfassungsrechtlichen Verpflichtungen zur Verfassungstreue darstellen;
  • Sowohl rechtswidrige als auch rechtmäßige Handlungen oder Unterlassungen, wenn sie dem Zweck der Vorschriften in den Rechtsgebieten widersprechen;
  • Alle Verstöße gegen bundes- und landesrechtliche Vorschriften und unmittelbar geltende EU-Rechtsakte.

Was fällt nicht unter das Hinweisgeberschutzgesetz?

Die gemeldeten Informationen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetzes, wenn sie die folgenden Informationen enthalten:

  • Informationen, die sich auf die nationale Sicherheit, insbesondere militärische oder sonstige sicherheitsempfindliche Angelegenheiten des Bundesministeriums der Verteidigung beziehen
  • Informationen von Nachrichtendiensten des Bundes oder der Länder, die durch das Sicherheitsüberprüfungsgesetz geschützt sind
  • Informationen über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen, die in den Geltungsbereich des Vertrags in die Arbeitsweise der Europäischen Union fallen
  • Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitsverpflichtungen für den materiellen oder organisatorischen Schutz von Verschlusssachen
  • Richterliches Beratungsgeheimnis und Verschwiegenheitspflicht von Rechtsanwälten und anderen Berufsgeheimnisträgern.
  • Verschwiegenheitspflichten von Ärzten, Apothekern und anderen medizinischen Vertretern, die eine staatlich geregelte Ausbildung für die Berufsausübung erfordern.

Wie können Hinweisgeber Verstöße melden?

Whistleblowern muss die Möglichkeit gegeben werden, eine Meldung sowohl in mündlicher als auch in schriftlicher Form einzureichen. Unternehmen können auch eine indirekte Whistleblowing-Option über einen Ombudsmann anbieten.  Auch anonyme Meldungen sollten entgegengenommen und bearbeitet werden – das ist jedoch kein MUSS.

Interne Meldungen

Nach dem HinSchG müssen Unternehmen bis zum 02. Juli 2023 ein internes Meldesystem einrichten, über das Mitarbeitende, Geschäftspartner, Kunden und andere mit dem Unternehmen agierende Personen Missstände mündlich oder persönlich melden können. Insbesondere:

  • Schriftliche Meldungen können über ein digitales Hinweisgebersystem, eine spezielle E-Mail-Adresse, einen Beschwerdebriefkasten oder per Post eingereicht werden;

  • Mündliche Meldungen können über ein Formular in einem digitalen Hinweisgebersystem, eine Whistleblowing-Hotline (Telefon) oder ein Anrufbeantworter-System eingereicht werden;

  • Persönliche Treffen sollten immer möglich sein, entweder mit einem Sachbearbeiter als Folgemaßnahme oder über einen extern beauftragten Anwalt oder Ombudsmann.

Externe Meldung

Darüber hinaus sieht das Hinweisgeberschutzgesetz die verpflichtende Einrichtung eines externen Meldewegs vor, für den das Bundesministerium der Justiz (BfJ) verantwortlich zeichnet. Zuständig für die externe Meldung innerhalb des Bundesministeriums der Justiz sind in erster Linie Bund und Länder sowie Informationen aus dem privaten und öffentlichen Sektor. Daneben haben die Bundesländer die Möglichkeit, eigene Stellen für die externe Meldung einzurichten.

Vertraulichkeit

Das Gesetz zum Schutz von Hinweisgebern (Whistleblower Protection Act) schreibt vor, dass alle Meldewege die Vertraulichkeit von Hinweisgebern gewährleisten müssen. Vertraulichkeit ist nicht gleichbedeutend mit Anonymität; ein Sachbearbeiter kann die Identität eines Hinweisgebers kennen. Vertraulichkeit bedeutet jedoch, dass nur eine vorher festgelegte Anzahl von Personen oder eine Person, die vom Unternehmen vorab mit der Prüfung interner Meldungen beauftragt wurde, die Identität eines Hinweisgebers kennt und für die Wahrung der vollständigen Vertraulichkeit verantwortlich ist. Sofern die hinweisgebende Person nicht ausdrücklich zustimmt oder es sich um ein Strafverfahren handelt, werden ihre persönlichen Informationen nicht an Dritte weitergegeben.

Anonymität

Unternehmen sind nicht dazu verpflichtet, einen Meldekanal einzurichten, der es Mitarbeitenden ermöglicht, anonym eine Meldung einzureichen. Dennoch empfiehlt das Gesetz, dass anonyme Meldungen angenommen und bearbeitet werden. Mit MyHinweis.online können Whistleblower anonyme Meldungen abgeben.

Follow-up

Das Gesetz legt auch Fristen für Maßnahmen fest, z. B. wann ein Whistleblower eine Bestätigung für eine eingereichte Meldung erhält und wann er spätestens über die Ergebnisse informiert werden muss. Hinweisgebende Personen müssen spätestens nach 7 Tagen eine Bestätigung der eingereichten Meldung erhalten, und weitere Rückmeldungen sollten spätestens nach 3 Monaten mitgeteilt werden.

Die Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihr Feedback praktische Folgemaßnahmen und eine verantwortliche Person oder Stelle enthält, die es übernehmen kann. Beispiele für den Aktionsplan für Folgemaßnahmen können die Einleitung interner Untersuchungen, ein Aktionsplan zur Lösung eines Problems, ein Verweis auf Verfahren, eine Verweisung an eine zuständige Behörde oder eine umfassende Erklärung für den Fall sein, dass das Verfahren aus Mangel an Beweisen oder aus anderen Gründen eingestellt wird.

Anforderungen an das Untersuchungsteam

Die Unternehmen müssen einen internen Sachbearbeiter oder (bei größeren Unternehmen) ein aus mehreren Personen bestehendes Untersuchungsteam benennen, das für die Entgegennahme, Untersuchung und Weiterverfolgung der eingereichten Meldungen zuständig ist.

Zu den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses können Compliance-Manager, Rechtsberater, Datenschutzbeauftragte, Finanz- oder Personalleiter oder ähnliche Personen ernannt werden, sofern sie unabhängig handeln können und über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügen. Die Unternehmen sollten regelmäßige Schulungen organisieren, um sicherzustellen, dass die Sachbearbeiter ihre Aufgaben kennen. Die Tätigkeit eines Sachbearbeiters für Whistleblowing ist kein Vollzeitjob. Diese Personen können die Untersuchung von Whistleblowing-Fällen mit anderen Aufgaben kombinieren, für die sie ursprünglich eingestellt wurden.

Alternativ können Unternehmen die Entgegennahme und Verarbeitung von Informationen an externe Rechtsanwälte oder Ombudsleute auslagern, sofern diese angemessene Garantien für die Wahrung der Vertraulichkeit und des Datenschutzes bieten.

Gemeinsame Systeme und Outsourcing

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Organisationen mit 50 bis 249 Mitarbeitenden ein gemeinsames Hinweisgebersystem nutzen können. Außerdem können Unternehmen mit mehreren Tochtergesellschaften ein System gemeinsam nutzen. Dies ist über eine Drittimplementierung möglich. Durch die Beauftragung einer internen Meldestelle kann ein Unternehmen eine unabhängige und vertrauliche Stelle als „Drittpartei“ für seine Konzernunternehmen einrichten, die dasselbe System nutzt. Die Verantwortung für die Untersuchung von Verstößen bleibt bei dem beauftragenden Unternehmen.

Deutsches Recht und EU-Anforderungen

Das deutsche Recht geht über die in der EU-Richtlinie festgelegten Anforderungen hinaus. In erster Linie will der deutsche Gesetzgeber den Geltungsbereich seines Gesetzentwurfs ausweiten, um hinweisgebende Personen vor möglichen rechtlichen Unstimmigkeiten zu schützen und sicherzustellen, dass eine umfassende Politik alle Meldungen abdeckt. Diese Ausweitung soll jegliche Verwirrung oder Zweifel beseitigen, wenn es um diejenigen geht, die kritische Informationen über Missstände haben, und sicherstellen, dass sie sich sicher fühlen, wenn sie offenlegen, was gehört werden muss, ohne spätere Konsequenzen zu riskieren.

Wie schützt das Hinweisgeberschutzgesetz Sie als Whistleblower?

Das Hinweisgeberschutzgesetz ist ein umfassendes Gesetz zum Schutz von hinweisgebenden Personen, die rechtswidrige oder unethische Handlungen in Organisationen melden. Es schafft Voraussetzungen, um Personen zu ermutigen, sich mit Informationen zu melden. Wichtige Eckpunkte sind die Vertraulichkeit und der Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen. Das Gesetz soll die Transparenz und Rechenschaftspflicht fördern und Rechtsverstöße am Arbeitsplatz bekämpfen.

Wer kann ein Whistleblower sein?

Ein Whistleblower kann jede Person sein, die Kenntnis von möglichem Fehlverhalten, Fehlverhalten oder illegalen Aktivitäten innerhalb einer Organisation oder Einrichtung hat oder davon weiß. In der Regel handelt es sich bei Whistleblowern um Mitarbeitende, ehemalige Mitarbeitende, Auftragnehmer oder Personen, die eng mit der Organisation verbunden sind, z. B. Lieferanten, Verkäufer oder Kunden.

Es ist jedoch wichtig zu beachten. Auch wenn das Hinweisgeberschutzgesetz allen Hinweisgebern Rechtsschutz gewährt, verpflichtet es die Unternehmen nicht, die internen Meldewege für Externe zu öffnen (§ 16, 1). Die Verpflichtung gilt nur für die Beschäftigten des Unternehmens und für Leiharbeitnehmer. Das bedeutet, dass die Entscheidung, den internen Meldeweg für externe Parteien wie Lieferanten, Kunden usw. zu öffnen, allein dem Unternehmen überlassen bleibt.

Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen

Das Hinweisgeberschutzgesetzt soll sicherstellen, dass Sie als Hinweisgeber geschützt sind, wenn Sie mögliche Verstöße am Arbeitsplatz melden. Unternehmen dürfen keine negative Maßnahmen ergreifen, z. B. Sie suspendieren, entlassen oder von der Beförderung ausschließen, weil Sie einen Hinweis gemeldet haben. Auch Vergeltungsmaßnahmen, die von Arbeitgebern, Kollegen, Kunden, Lieferanten oder anderen arbeitsbezogenen Akteuren gegen eine Person ergriffen werden, die ein Fehlverhalten am Arbeitsplatz aufgedeckt oder gemeldet hat, sind zu unterbleiben – beispielsweise Degradierung, Belästigung, Diskriminierung oder andere Maßnahmen, die darauf abzielen, die hinweisgebende Person einzuschüchtern, zum Schweigen zu bringen oder ihr zu schaden.

Beweislast zugunsten von Hinweisgebern

Das deutsche Gesetz zum Schutz von Hinweisgebern kehrt die Beweislast um, um Opfer zu unterstützen, wenn ihr Anspruch auf Vergeltung gegen einen Missetäter angefochten wird. Letztlich ermöglicht es den von ungerechtfertigter Misshandlung Betroffenen, Gerechtigkeit zu suchen.

Zugang zu Rechtsbehelfen

Im Falle eines Verstoßes gegen den Schutz vor Repressalien sollten die betroffenehinweisgebende Person Zugang zu Rechtsmitteln haben. Sie sollten eine angemessene materielle Entschädigung für erlittene Verluste und eine Entschädigung für moralische Schäden erhalten.

Wann schützt das Hinweisgeberschutzgesetz Whistleblower?

  • Die Informationen beziehen sich auf Verstöße, die in den Anwendungsbereich dieses Hinweisgeberschutzgesetzes fallen.
  • Hinweisgeber sind geschützt, solange die von ihnen gelieferten Informationen der Wahrheit entsprechen oder es vernünftige Gründe für die Annahme gibt, dass die Informationen, auf die sie sich beziehen, wahr sind und den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.
  • Wenn Sie eine Meldung anonym eingereicht haben, aber auf irgendeine Weise identifiziert wurden, haben Sie immer noch Anspruch auf Rechtsschutz.

Lesen Sie hier den gesamten Text des Gesetzes.